Captain's Dinner 2017

20. März 2017
Kategorie: 
Club

Wie viele Stühle fehlten bis hundert? Drei! Wie viel Stühle blieben leer? Null!

Mit diesen dürren Erkenntnissen ist der Rahmen für diesen Abend gesteckt. Unser Ehrengast kam ein wenig später, weil sein Zug aus Hamburg mit Verspätung eintraf. Das überbrückten wir höchst gelassen, bestellten unsere Getränke, und kaum war Boris Aljinovic unter uns - mit donnerndem Applaus empfangen - ging es auch schon los. Der traditionelle Schirmherr des Abends, unser Hafenkapitän Jörg Henschke, begrüßte den Ehrengast und Frau Dr. Melanie Aalburg, seine medizinische Beraterin für alle Lebenslagen - vor allem auf See - und natürlich die Gäste. Um der bei seinem Bericht evtl. auftretenden Seekrankheit vorzubeugen, gab es erst einmal etwas zu essen. Schon in der Einladung zu diesem Vortrag standen die wesentlichen Merkmale eines außerordentlichen Törns: Lanzarote, Madeira, Azoren, die Biskaya blieb für spätere Törns steuerbords liegen, dann zur Südküste Englands; hier erst endete die mangels Crew einhand geführte Reise. Zum Glück kam nun endlich eine “zweite” Hand an Bord, worauf während der folgenden Seemeilen auch nicht verzichtet werden durfte. Der Kanal ist nämlich bei Tag und vor allem bei Nacht voll wie die Berliner Stadtautobahn zur Rush Hour. Alles ging gut, und bis Cuxhaven bzw. Hamburg war es – bezogen auf die vorherigen Seemeilen – jetzt nur noch ein Katzensprung, um in heimatliche Gefilde vorzustoßen.


Damit Skipper und aufmerksame Zuhörer nicht verhungerten, lieferte die Küche den zweiten Gang. Jetzt gab es einige Details. Eine “Comtessa 32” mit ihrem auf dem Atlantik so wundervoll klingenden Namen “Dill” (der ...!) sollte etwas “abkönnen”, und das tat sie trotz ihrer über 40 Jahre Begegnung mit dem Lebensmittel Nr. 1 – Wasser. 2.951 sm nannte das Logbuch beim Eintreffen in Hamburg. Und das war eine Goldmedaille “Hochsee” der Kreuzer-Abteilung ebenso wert wie der Arthur-Doerwaldt-Gedächtnis-Preis für die beste Segelreise 2015 mit einer Yacht unter 10 m.


Dabei muss man wissen, dass Boris’ Interesse am Segeln erst vor ca. 10 Jahren begann; dafür aber offensichtlich umso heftiger. Beweis dafür ist auch, dass das Schiff nicht etwa in Hamburg oder Berlin überwintert – nein, es musste erst noch nach Reykjavik segeln. Natürlich gab es viele kleine Episoden, die ein Buch füllen würden. Aber “wie haben Sie geschlafen?” interessierte uns. Ganz einfach: 20 Minuten Schlaf, zwei Stunden Wachsein hieß der Rhythmus bei Tag und bei Nacht. “Was gab es denn zu essen?” Wirklich gekocht wurde eher nicht. Heißes Wasser musste sein! Für Tee oder z.B. die Zubereitung der Dryfreeze-Verpflegung. Konnte man gut essen, denn damit überleben auch Astronauten, und so eine Tüte verfügt natürlich über alle wichtigen Vitamine und Mineralien. Die Kommunikation mit der heimatlichen Basis funktionierte ganz gut, obwohl die Verbindungen manches Mal ziemlich kompliziert herzustellen waren. “Aber meine innere Stimme aus Berlin – Melanie – achtete auf mein Wohlbefinden.” “Wie war das mit dem Angeln?” Angeln fand nicht statt, da es an Bord keinen Kühlschrank gab, und der Appetit nicht ausreichte, um einen ganzen Fisch aufzuessen. Und dann den Rest – immerhin ein Teil der Schöpfung – über Bord zu werfen; nicht bei mir.


Das Dessert folgte, die Danksagung des Schirmherrn und abermals ein mehrfacher nachhaltiger Applaus beendeten den Abend noch lange nicht. Boris Aljinovic ist jetzt mit einem PYC-Basecap unterwegs.

Hartmut Waldow