Das war Tokio – und jetzt?
Knappe vier Monate nach den Olympischen Spielen in Tokio lasse nun ich die Regatta nochmal Revue passieren, bei der ich seit meiner Kindheit unbedingt einmal an den Start gehen wollte. Die erfolgreiche Teilnahme an Olympia war das Ziel, das mich die letzten zehn Jahre im Training unermüdlich angetrieben und motiviert hat.
Auf einen unglaublichen Einstand, der die Führung nach Tag 1 bedeutete, folgte dann ein ziemliches Auf und Ab in den Ergebnissen. Vor dem letzten Rennen war trotzdem noch alles offen. Schwierige drehige Bedingungen und einige falsche Entscheidungen führten dazu, dass ich mich nicht für das Medalrace qualifizieren konnte und punktemäßig ganz ungünstig und von den vor mir liegenden Booten nur sehr knapp geschlagen auf dem 16. Platz landete. Innerhalb von 48 Stunden nach Ausscheiden aus dem Wettbewerb musste ich Japan dann sofort Japan. Die strengen Corona-Regeln ließen hier keine Ausnahmen zu. Vor dem Fernseher zuhause verfolgte ich das historische Abschneiden der deutschen Segler – 3 Medaillen an einem Tag, einfach unglaublich! Für mich ging es dann erstmal in die Berge, ein bisschen wandern, ein bisschen klettern, einfach mal abschalten. So langsam machte sich Leere breit – das große Ziel, auf das man die ganze Zeit hingearbeitet hatte, einfach vorbei. Und nu? Was kommt jetzt?
Ende August startete ich dann in mein dreimonatiges Berufspraktikum in der Neuropsychologie, etwas ganz anderes als Olympische Spiele. Und trotzdem konnte ich viele neue Eindrücke gewinnen und Erfahrungen sammeln.
So langsam aber sicher drängte sich dann doch die Frage auf – nehme ich 2024 in Paris nochmal in Angriff? Von vielen Seiten hörte ich: „Na klar, mach weiter, sind doch nur noch drei Jahre.“ Das kann man so sehen, allerdings fühlte es sich für mich eigentlich eher an wie: „Es sind noch drei ganz schön lange Jahre!“ Dieser Eindruck verfestigte sich über die Zeit, und schließlich traf ich Ende Oktober die Entscheidung, dem aktiven olympischen Segelsport den Rücken zu kehren. Diese Entscheidung ist mir bestimmt nicht leichtgefallen. Ich blicke zurück auf viele großartige Jahre im olympischen Segelzirkus, nationale und internationale Freundschaften, Erfolge und Erfahrungen, an die ich mich immer voller Freude zurückerinnern werde.
An dieser Stelle möchte ich dem Potsdamer Yacht Club meinen herzlichsten Dank aussprechen. Ich habe am Wannsee mit 6 Jahren segeln gelernt, habe im PYC einen großen Teil meiner Kindheit verbracht, damals noch mit Thomas Läufer als Trainer. Später ging es dann in die Jugendbootsklasse 420er, dann in den Laser. Sicher verlagerte sich mein Trainingsmittelpunkt irgendwann nach Kiel, und auf dem Wannsee bin ich jetzt auch schon ganz schön lange nicht mehr gesegelt. Trotzdem habe ich im PYC immer die Unterstützung bekommen, die ich brauchte, um mich nach vorne in die Weltspitze zu arbeiten. Es wurde immer an mich geglaubt, auch wenn es mal nicht so lief, und es wurde unterstützt, wo es nur möglich war. Das bedeutet mir unglaublich viel und ohne diese Unterstützung wäre ich niemals bis nach Tokio gekommen.
Danke!!!
Ich werde dem Segelsport sicher auf noch unbestimmte Art und Weise erhalten bleiben, und ich freue mich sehr darauf, nächstes Jahr hoffentlich auch mal wieder auf dem Wannsee aufs Wasser zu kommen.
Bis dahin und mit seglerischen Grüßen
Eure Svenja